Antisemitismus, BDS, Terror

8 Tage im Mai

Putin, die Documenta und ein „anti-palästinensischer Rassismus“

Pride_Gay_Parade_2012 by U.S. Embassy CC 2.0

Am ersten Tag im Mai teilt der russische Außenminister mit, Hitler entstamme „jüdischem Blut“. Am vierten empfängt Moskau eine Delegation der Hamas, deren Ziel es ist, alle Juden zu töten. In Kassel sagt die Documenta ihren Talk über „antipalästinensischen Rassismus“ ab. Am fünften erklärt die Hetzkampagne BDS, „antipalästinensischer Rassismus“ sei in Deutschland „Staatsdoktrin“. 30 km vor Tel Aviv ermorden zwei palästinensische Terroristen drei israelische Zivilisten. Am siebten Tag teilen die Kuratoren der Documenta mit, in Deutschland werde „Kritik an israelischem Staatshandeln routinemäßig dämonisiert“. Am achten setzt Israel die beiden Killer fest, sie erwartet ein rechtsstaatliches Verfahren und überdies, ausgezahlt von der Palästinensischen Autonomiebehörde, ein monatliches Gehalt für den barbarischen Mord, das sich, sollten sie ihren 80. feiern, auf 1.820.074 € summiert haben wird. In Berlin nennt Bundeskanzler Scholz Putins Krieg „barbarisch“.

Der Zusammenhang? Russlands Überfall auf die Ukraine hat ein jahrzehntealtes Polit-Konzept  –  „Wandel durch Annäherung“, ab 1963 von Egon Bahr (SPD) entwickelt  –  zerschossen. Keine Deals mehr mit Putin, keine indirekte Finanzierung seines Terror-Krieges, kein Öl, kein Gas, kein naiver Kulturaustausch. Eine Zeitenwende dieser Art hat ein sehr ähnliches Polit-Konzept bisher nicht erlebt, es entstammt derselben Zeit, man könnte es „Neue Nah-Ost-Politik“ nennen:

Seit 1967, seit dem Krieg arabischer Staaten gegen Israel, in dem sich Israel gegen seine Vernichtung gewehrt hat, wie es die Ukraine heute gegen ihre Vernichtung tut, haben Deutschland und Europa immense Summen  –  2,3 Milliarden Euro allein im Förderzeitraum 2017/2020  –  in die palästinensischen Gebiete gepumpt mit dem erklärten Ziel, stabile Staatsgebilde zu schaffen, also solche, in denen Palästinenser in Freiheit und mit denen Israelis in Frieden leben könnten. Das Ergebnis nach einem ½ Jahrhundert Investment: Terror-Cliquen, deren Geschäftsmodell: Palästinenser entmündigen, Juden morden.

Schon Jassir Arafat, Unternehmensgründer, hat sich auf diese Weise zu einem milliardenschweren Privatier empor gebombt, heute wird auch das Privatvermögen seines Nachfolgers Mahmud Abbas ebenso wie das der Hamas-Führer in Milliarden-Höhen geschätzt. Sie könnten morgen den FC Chelsea kaufen, die Terror-Oligarchen, einen erheblichen Teil der weltweit eingesammelten Fördermittel wenden sie dafür auf, die eigene Bevölkerung klein zu halten: Alle gängigen Demokratie-Indexe führen die Palästinensischen Gebiete auf Augenhöhe mit dem –  so das Urteil etwa von Timothy Snyder, Wladislaw Inosemzew, Stefan Meister  –  faschistischen Russland.

Den anderen Teil der Terror-Rendite reinvestieren die Cliquen ins Kerngeschäft: Wer Juden mordet, wird verlässlich entlohnt. Abbas Autonomiebehörde, die als „gemäßigt“ gehandelt wird, verwaltet das Morden denn auch so, als handele es sich um Regelbedarfsstufen nach Sozialgesetzbuch:

PMW Palestinian Media Watch by (cc) Jewish Virtual Library

Ähnlich gestaffelt die „Märtyrer-Rente“, die Abbas an alle Familien zahlt, die Kinder fürs Selbstmord-Attentat gebären: Je mehr ermordete Juden, umso höher die Ausschüttung. Deutschland und die EU finanzieren diese Art von Familienpolitik  –  „Pay for Slay“  –  indirekt mit, sie ist das, als was Olaf Scholz Putins Krieg bezeichnet hat, „barbarisch“.

Barbarisch wie der Mord an Ben Yiftah, Yonatan Habakuk und Boaz Gol, die Familienväter wurden  –  im israelischen Kernland  –  mit Äxten geschlachtet. Ihre Mörder, das wird schnell klar, stammen aus dem von Mahmud Abbas kontrollierten Autonomiegebiet. Tags darauf distanziert sich Abbas von den Morden, von seiner Politik der „Märtyrer-Rente“ aber rückt er keinen Millimeter ab. Und wird, soweit bekannt, weder von Kanzler Scholz (SPD) noch Außenministerin Annalena Baerbock (GRÜNE) einen Millimeter weit gedrängt: Zwar gibt sich Baerbocks Ministerium bestens informiert über die innerste Gemütslage der Killer („erschreckende Kaltblütigkeit“) und ebenso über deren politische Intention („gegen den israelischen Staat“), spricht aber konsequent abstrakt von „dem Terror“, „einem Anschlag“ und „Attentäter“. Bestimmter Artikel, unbestimmter Artikel, gar keiner mehr, die Palästinenser sind verschwunden und Mahmud Abbas aus jeder politischen Verantwortung entlassen. In seiner eigenen Erklärung spricht der Präsident der Autonomiebehörde denn auch lieber von „Angriffen gegen unser palästinensisches Volk“. Die barbarischen Killer? Die wahren Opfer.

Judenmord als Rentenversicherung

Es ist modellhaft, wie sich hier  –  allein durch Sprechakte  –  die Rollen verkehren und völlig widersprüchliche Ansichten in einem Diskurs zusammenfließen, der eine scheinbar plausible, eine „mythische Kohärenz“ erschafft: Eva-Maria Ziege hat dies am antisemitischen Diskurs der Weimarer Republik nachgezeichnet (hier unsere Besprechung), der es  –  unter Einhaltung der Regeln kommunikativer Vernunft  –  möglich machte, dass Hitler zum Feministen wurde und zum Sozialisten, zum Bio-Apostel und Umweltschützer, zum Künstler- und Kulturdoyen.

Heute ist es möglich, dass eine Clique, die nichts anderes will als Juden morden, zu einer der „weltweit erfolgreichsten Crowdfunding-Organisationen“ aufsteigt, wie der Historiker Julien Reitzenstein über Hamas urteilt. Ebenso, dass ein Autokrat wie Abbas sich seine „Autonomie“ fremdfinanzieren lässt. Dass Judenmorde wie ein Rentenantrag behandelt werden. Und dass just dann, wenn palästinensische Terroristen israelische Zivilisten zerhacken, von „antipalästinensischem Rassismus“ getrötet wird: Das ist der Part, den BDS übernimmt und jetzt auch die Documenta.

Am Tag des barbarischen Mordens retweetet die BDS-Kulturclique, vom Bundestag als klar antisemitisch eingestuft, eine Petition, in der es heißt, „überall“ würden „kritische Stimmen und insbesondere Stimmen von Minderheiten“ überwacht, zensiert und  –  in Elad kämpfen drei Männer mit bloßen Händen gegen Äxte  –  „zum Schweigen gebracht“. Besonders in Deutschland herrsche „Repression“, sie richte sich gegen „Fürsprecher der palästinensischen Menschenrechte“ / „advocates of Palestinian human rights“. [1] 

Bemerkenswert, mit welcher Selbstverständlichkeit hier die Menschenrechte ethnisiert werden, die Universalie schlechthin. Weil Menschenrechte individuelle Rechte sind und keine palästinensischen oder portugiesischen oder papua-neuguineischen, nur deshalb hat jeder Mensch dieselben. Mit Natan Sznaider könnte man feststellen, dass der postkolonialistische Diskurs, wenn er palästinensische Menschenrechte erfindet, das Verhältnis von Universalismus und partikularer Konkretion fehlbestimmt. Was sich in dieser Fehlbestimmung verbirgt, ist ein allerdings völkisches Denken, mit Marx gesprochen: ein „verkehrtes Weltbewusstsein“, eines, in dem das Palästinensisch-Sein über die Menschen bestimme und nicht etwa Menschen über einen palästinensischen Staat.

Diese Denke, dass palästinensisch ein Natursubstrat sei, ist Voraussetzung dafür, sich als völkisch verfolgtes Kollektiv zu vermarkten: Erst wenn die Menschenrechte von Individuen abgelöst und ans völkische Kollektiv gebunden werden, kann es „palästinensische Menschenrechte“ geben, kann es „anti-palästinensischen Rassismus“ geben und kann die Unterdrückung von Palästinensern durch Palästinenser  –  Alltagsgeschäft von Abbas und Hamas  –  klaglos beschwiegen oder als palästinensische Eigenart folklorisiert werden.

Auf den Punkt: Los Angeles im Mai 2021 by Levi Clancy CC0 1.0

Wenn man die völkische Denke nun für einen Moment abzieht vom „anti-palästinensischen Rassismus“, ließe sich die Begriffserfindung vielleicht als der Versuch verstehen, ein Pendant zu schaffen zum israelbezogenen Antisemitismus, also zu jenem Hass auf eine konkrete Demokratie, in der partikulare Akteure eine universale Idee realisieren. Als Intention wäre es akzeptabel, mit „anti-palästinensischem Rassismus“ wird dem anti-israelischen Hass nun aber gerade keine Demokratie beigesellt, sondern zwei Terror-Regime gegenüber: Welche universale Idee soll es sein, der partikulare Terrorsysteme folgen? Juden morden? An dem Tag, an dem zwei Palästinenser drei Israelis zerstückeln, läutet BDS die große Glocke:

Der Deutsche Bundestag hat diese Diskriminierung“   –  nämlich „antipalästinensischen Rassismus“  –  „zur Staatsdoktrin erhoben, als er 2019 eine Anti-BDS-Resolution verabschiedete.“

So die BDS-Petition, und schon sind  –  Stefan Laurin hat es angekündigt  –  „antipalästinensischer Rassismus“ und jede Kritik des palästinensischen Terrors identisch und kann jede Kritik des BDS als „rassistisch“ abgewiesen werden. Man muss die Frage stellen: Könnte es sein, dass sich das Kulturmilieu, das BDS trägt, selber völkisch fühlt? Dass es sich selber als kollektiv verfolgt vorstellt? Unterschrieben haben die absurde Petition nur ein paar Hundert Leute, unter ihnen:

der als Gründer des BDS herumgereichte Omar Barghouti, der seit Jahren öffentlich verlauten lässt, er und sein BDS würden Israel niemals anerkennen, neben ihm das übliche Gedankenkartell aus Judith Butler, Achille Mbembe, Dirk Moses, Michael Rothberg, Noam Chomsky, Angela Davis, Roger Waters, Ken Loach, Norman Paech, neu dabei die verhinderte Documenta-Talkerin Sarah El Bulbeisi usw.

Tanz den Antisemitismus

Was die Namen zeigen: dass BDS eine im Westen beheizte Hetzkampagne ist. Wenn es stimmt, dass sie heute im „Globalen Süden“ mitgeflötet wird, folgt BDS einem imperialistischen Muster, dieser Postkolonialismus ist kolonialistisch. Darauf hat schon Natan Sznaider hingewiesen: dass BDS von einer Kulturelite getragen wird, die sich transnational versteht, einem „weltoffenen Milieu, das sich in dem eigenen bequemen Heim solidarisiert mit den Verdammten dieser Erde“ und sich sein Selbstgefühl mitsamt der eigenen Ressentiments „einmal von den ‚Leuten aus dem Süden‘“ vorsingen lassen will, darunter gerne auch das, was man selber  –  etwa wegen einer „besonderen historischen Verantwortung“  –  sich nicht so recht zu singen traut. Im Dezember 2020 hat die Intendanten-Initiative “GG 5.3 Weltoffenheit“ diese Umweg-Kommunikation 1:08:46 lang vorgeführt, der Reihe nach erklärten die Kulturmacher, sie selber seien gegen BDS, seien aber von einem eigenartig inneren Drang getrieben, BDS auf allen ihren Bühnen präsentieren zu müssen: tanz den Antisemitismus. „Eine wirklich kolonialistische Denkstruktur“, so Sznaider über die von dieser Initiative beratene Documenta.

Tatsächlich führt auch sie, die renommierte Ausstellung für zeitgenössische Kunst, die am 18. Juni zum 15. Mal eröffnen will, jetzt den BDS-Tanz auf. Am 7. Mai, noch laufen die beiden palästinensischen Killer frei herum, erklärt das Kuratoren-Kollektiv Ruangrupa auf e-flux, einer Plattform fürs transnationale Kulturmilieu, was es mit seinem „multiperspektivischen Ansatz“ meine: dass es zwei Perspektiven gebe, einmal „diejenige, die von Antisemitismus betroffen ist, und diejenige, die von antimuslimischem und antipalästinensischem Rassismus betroffen ist“.

Da ist sie wieder, diese scheinbar plausible, eine mythische Parität, die man sich  –  damit gehen Ruangrupa über die BDS-Petition hinaus  –  auch religiös denken müsse: „anti-muslimischer Rassismus“ wird von ihnen auf der selben Seite verbucht wie „anti-palästinensischer“. Offenbar soll ab jetzt auch Religionskritik als „rassistisch“ gelten, im Handumdrehen sind BDS 1,8 Milliarden Supporter zugeführt. Ruangrupa spielt die ganz große Karte.

Aber ob das freundliche Kuratoren-Kollektiv, das die Weltkarte scannt, auch nur die zwei beiden „Perspektiven“ abbilden kann, um die es bisher geht?

Sie scheinen es, Stand heute, gar nicht erst zu wollen, sie fahren das BDS-Programm, es besagt, dass, wer BDS unterstütze, Opfer sei: „Der Vorwurf der ‚BDS-Nähe‘“, schreiben sie auf e-flux (Tage später erscheint der Text hier in der Berliner Zeitung), „trifft vor allem Menschen aus dem Globalen Süden und insbesondere aus dem Nahen Osten und führt zu Ausschlüssen und Ausladungen.“ Tatsächlich ausgeschlossen von der Documenta sind Israelis. Wenn Ruangrupa wollte, sollten sie  –  den Tip hat ihnen Ayala Goldmann schon im Januar verraten  –  einfach ein paar Israelis einladen, die Frage ist: Können sie es?

Können sie, was sie  –  „in perfektem Bürokratendeutsch“  –  aller Welt angekündigt haben, nämlich „beide Perspektiven“ abbilden? Oder könnte es sein, dass sie mit ihrer bipolaren „Multiperspektivität“ deshalb scheitern, weil all die BDS-Künstler & -Kuratoren, die sie längst eingeladen haben, jetzt darauf drängen, dass Künstler, die Israelis sind oder Israel gegen den Terror unterstützen, ausgeschlossen bleiben?

Subventionskultur: Geisel des BDS

Die Befürchtung liegt nahe, sobald man den BDS-Alltag verfolgt: In Deutschland ist die antisemitische Kampagne ausgebremst, völlig anders klingt, was Sarah McTernan erzählt, die irische Sängerin trat 2019 beim Eurovision Song Contest in Tel Aviv auf, noch Wochen später erhielt sie Hunderte höchst aggressiver Drohungen („Du weißt nie, wo ich sein werde“). Ähnliches hat Eric Burdon berichtet: Der Mann, der zusammen mit War ein geniales Album mit dem genialsten Album-Titel aller Zeiten  –  „The Black Man’s Burdon“  –  produziert hat, ein postkoloniales Meisterwerk, wurde massiv unter Druck gesetzt, als er seine Musik 2013 in Israel spielen wollte. Ähnlich Scooter Braun, Manager von Justin Bieber, er hat, weil Bieber in Israel spielen wollte, von zahlreichen Morddrohungen berichtet, die sich gezielt gegen ihn  –  Scooter ist Jude  –  gerichtet haben …

Der Journalist Stefan Frank hat diese und andere BDS-Kampagnen hier zusammengefasst, darunter eine, die Ruangrupas postkoloniale Strategie karikiert: Auch Salif Keita, in Mali geboren, dann Elfenbeinküste, heute Frankreich, ein Musiker, der afrikanische und europäische Musikstile so ineinander arbeitet, wie es eine BDS-affine Kulturelite vorgibt zu goutieren, wurde, als er in Israel spielen wollte, „mit Hunderten von Drohungen bombardiert, Erpressungsversuchen, Einschüchterung, Mobbing in den sozialen Medien“ sowie der Ankündigung, „seine Karriere zu zerstören, alles, was Herr Keita in 40 Jahren erreicht hat“, so berichtet es Keitas Management.

Demo mit Malca Goldstein-Wolf ua gegen BDS auf der Ruhrtriennale, 18. August 2018 | (c) Werteinitiative

Im Vergleich mit der Musikbranche, die sich am Markt orientiert, scheint BDS im durchsubventionierten Kunst-Betrieb geschmeidiger zu laufen  –  und erfolgreicher. Schon 2018 hatte Stefanie Carp, damals Intendantin der renommierten Ruhrtriennale, erklärt, sie wolle „nicht Geisel einer Kampagne sein“, werde von BDS aber „unter Druck gesetzt“ und müsse „deshalb die Freiheit der Kunst verteidigen“, indem sie noch mehr BDS einlade.

Eine obszöne Argumentation  –  BDS boykottiert Kunst, Carp versteht dies zurecht als Kidnapping und schließt daraus, sie müsse die Kidnapper subventionieren  –  diese Logik wurde seit Carp eingeübt, sie hat die Kunstszene verändert. Boris Pofalla hat sich  –  definitiv lesenswert, seine Recherche  –  umgehört in dieser Szene, er berichtet, dass es für die Documenta durchaus „untypisch“ wäre, fände sie ohne israelische Künstler statt, international allerdings sei dies der neue Standard:

„Seit 2013 hat kein Israeli mehr an der Hauptschau der Venedig-Biennale teilgenommen. 554 Künstler waren in den letzten vier Ausgaben eingeladen, aber niemand aus Israel. Ähnliches kann man von anderen Biennalen behaupten. Und mit dem DAAD-Stipendium für Künstler, das früher viele Israelis nach Berlin brachte, ist seit 2006 auch keiner mehr gefördert worden.“

Die Ausgrenzung  –  Pofalla zitiert eine Kuratorin aus Tel Aviv  –  habe „‘schleichend begonnen, seit vier bis fünf Jahren ist BDS wirklich präsent“, wenn es Israelis überhaupt noch in Ausstellungen schafften, „dann nur solche, die sich explizit mit der Besatzung beschäftigten wie Eyal Weizman, der BDS unterstützt  –  und von der Documenta zur Gesprächsreihe ‚We need to talk‘ eingeladen wurde.“

Es ist  –  anders als in der Musikbranche  –  ein leiser Antisemitismus, den Pofalla beschreibt, „‘auch die Stimmen arabischer Israelis werden nicht mehr gehört‘, klagt die Kuratorin aus Tel Aviv und verweist auf die komplexe, multiethnische und -religiöse Wirklichkeit in dem demokratischen Staat. ‚Es gibt keinen Raum für die israelische Erfahrung mehr‘, sagt sie, man fühle sich alleingelassen in diesem Kampf.“ Weil es zu viele seien, die das antisemitische Spiel mitspielen  –  gar nicht mal so sehr aus Überzeugung, sondern weil der Wind sich jetzt eben in diese Richtung drehe. Die Documenta ist eine Ausstellung für zeitgenössische Kunst.

In dieser Kunstwelt scheint Israel tatsächlich bald ausgelöscht zu sein bis dahin, dass es kaum noch wem auffällt. Einige Staaten des „globalen Südens“, Iran vorneweg, möchten diese BDS-Erfahrung von Kunst in die wirkliche Welt übersetzen  –  „wer redet heute noch von der Vernichtung der Armenier?“, fragte einmal ein Künstler und Kunstdoyen. Das war zu der Zeit, als die Impulsgeber der Documenta ihre ästhetischen Ur-Erfahrungen gesammelt haben. Wenn ihre Ausstellung heute einen Sinn gewinnen möchte, dann den, dass sie einen Sperrzaun zieht, eine ästhetisch sichtbare Mauer, sie verläuft zwischen Terror und Demokratie.


Hinweis:

„1929/ 1955: Die erste documenta und das Vergessen einer Künstler:innengeneration“

Zentrum für verfolgte Künste
Wuppertaler Straße 160 | 42653 Solingen
www.verfolgte-kuenste.com

Manche Künstler:innen schaffen es. Sie werden bekannt, Museen sammeln ihre Werke und halten die Erinnerung an sie wach. Einige Künstler:innen sind nur für kurze Zeit öffentlich präsent, andere nie. Die Auswahl derer, die bleiben, wird u.a. durch Museen, den Kunstmarkt, durch Galerien, Sammler:innen und die Kunstgeschichtsschreibung mitbestimmt. Ihr Zusammenwirken prägt den kunsthistorischen Kanon. Gemeinsames Forschungs- und Ausstellungsprojekt des Zentrums für verfolgte Künste mit dem documenta archiv Kassel. Beide Institutionen schauen parallel zur documenta 15 im Jahr 2022 kritisch-reflektierend zurück auf die Anfänge der Großausstellung.

Dienstag – Sonntag: 10:00 Uhr – 17:00 Uhr
Eintritt: 9 €, ermäßigt 4,50 €, bis 18 Jahre frei


[1] Die BDS-Petition selber ist ein Lachnummer, jahrelang angekurbelt hat sie eine Rassen- und Postkolonialwissenschaftlerin aus Kreuzberg, die keine nennenswerte Karriere und dafür „geheime Akten“ verantwortlich macht, was irgendwas mit Israel zu tun habe und mit Juden, von denen werde sie überwacht. Ein seelsorgerlicher Fall, BDS pumpt ihn zu einem Paradigma auf für „surveillance research“, also „Überwachungsforschung“, die führe zu einer „heimlichen Verbreitung diffamierender Dokumente“. Einziges Beispiel fürs heimliche Verbreiten diffamierender Dokumente: „ein öffentlicher Brief“.